Wieder einmal erweist sich die 4-Augen-Prüfung bei casusQuo als erfolgreich: Den Kostenmanagerinnen kam die Kombination aus Diagnosen und Verweildauer in diesem Fall spanisch vor. Der Medizinische Dienst bestätigt den Verdacht. Das Uniklinikum in Niedersachsen muss der Kasse mehr als 43 TEUR erstatten.
Mehr als 43 TEUR Retaxierung in einem Einzelfall
22.02.2023 | Aufnahme eines 63 Jahre alten Versicherten in einer Universitätsklinik in Niedersachsen |
Aufnahmediagnose: L27.0 (Generalisierte Hauteruption durch Drogen oder Arzneimittel) | |
27.04.2023 | Entlassung des Versicherten |
13.06.2023 | Rechnung über 69.219,73 EUR Abgerechnet wurde DRG I02A (Großflächige Gewebe-/ Hauttransplantation außer an der Hand, mit komplizierender Konstellation, Eingriff an mehreren Lokalisationen oder mit schwerem Weichteilschaden, mit äußert schweren CC und komplexer OR-Prozedur) sowie verschiedene, hier nicht relevante Prozeduren und Zusatzentgelte |
Auffällig! | 4-Augen-Prüfung bei casusQuo ergab: – Extrem lange Verweildauer von 64 Tagen für die kodierten Diagnosen! Den gesamten März über fanden fast nur diagnostische Maßnahmen statt, erst am 05.04.2023 erfolgte eine Operation. – Außerdem: Die vom Krankenhaus ursprünglich kodierte Hauptdiagnose T84.7 (Infektion und entzündliche Reaktion durch sonstige orthopädische Endoprothesen, Implantate oder Transplantate) erschien unplausibel. Denn gemäß DKR D015 sind ICD aus der Kategorie T80-T88 nur dann anzuwenden, wenn keine spezifischere Diagnose in Bezug auf die vorliegende Erkrankung existiert. Der Versicherte wurde innerhalb von knapp 30 Stunden von der plastischen Chirurgie auf die Unfallchirurgie verlegt. Dort wurde als Fachabteilungsdiagnose die C79.86 (Sekundäre bösartige Neubildung des Bindegewebes und anderer Weichteilgewebe der Extremitäten) kodiert. |
16.06.2023 | Gutachtenauftrag an Medizinischen Dienst mit folgenden Fragen und Hinweisen: 1. Ist die Kodierung der Hauptdiagnose aus den vorliegenden Unterlagen plausibel nachvollziehbar und DKR-konform kodiert? Kommt ggf. C79.86 oder L27.0 in Frage? 2. Ist die Verweildauer medizinisch begründet? Handelte es sich für den gesamten Zeitraum um eine akutstationäre Behandlung? Hätte bei Straffung der Organisation eine Überschreitung der oberen Grenzverweildauer vermieden werden können? 3. Hinweis von casusQuo an den MD: Durch Änderung der Hauptdiagnose und daraus folgend der DRG ergibt sich wahrscheinlich eine Überschreitung der Grenzverweildauer. Dies sollte unbedingt auch geprüft werden! |
30.08.2023 | Begehung des MD im Klinikum |
04.09.2023 | Eingang MD-Gutachten mit folgendem Ergebnis: Die vom Krankenhaus kodierte Hauptdiagnose wird in C79.86 (Sekundäre bösartige Neubildung des Bindegewebes und anderer Weichteilgewebe der Extremitäten) geändert. – Anhand der vorliegenden Dokumentation ist die lange Verweildauer nicht vollumfänglich nachvollziehbar. Die operative Versorgung (Hemipelvektomie) hätte bereits am 01.03.2023 erfolgen können. |
DRG-Änderung | Die abgerechnete DRG ändert sich und lautet nun R04A (Andere hämatologische und solide Neubildungen mit bestimmter OR-Prozedur, mit äußerst schweren oder schweren CC). Daraus ergibt sich eine Überschreitung der Grenzverweildauer um 36 Belegungstage. Die Rechnung beläuft sich nach der Korrektur auf 25.734,93 EUR. |
14.09.2023 | Rückforderung von casusQuo ans Klinikum in Höhe von 43.484,80 EUR |
25.09.2023 | Zahlungseingang: 43.484,80 EUR |
Retaxierung | 43.484,80 EUR |
Fazit | Es lohnt sich immer, darauf zu achten, was mit der DRG passiert, wenn sich etwas an der Kodierung ändert. In diesem Fall folgte daraus die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer um insgesamt 36 Tage. |
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